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Was ist das Zeta-Potential? DataPhysics Instruments Logo

Was ist das Zeta-Potential?

Abbildung 1: Während der Verarbeitung von Wafern kommen nasschemische Prozesse zum Einsatz. Die Messung des Zeta-Potentials hilft dabei, die Ablagerung von Verunreinigungen verhindern zu können.

Abbildung 1: Während der Verarbeitung von Wafern kommen nasschemische Prozesse zum Einsatz. Die Messung des Zeta-Potentials hilft dabei, die Ablagerung von Verunreinigungen verhindern zu können.

Das Zeta-Potential ist das elektrische Potential nahe einer Festkörperoberfläche in wässriger Lösung. Das Zeta-Potential beeinflusst die Stabilität kolloidaler Suspensionen und gibt Indizien für die Adhäsion zwischen Festkörpern. Das Zeta-Potential ist von großer Bedeutung in der Lebensmitteltechnologie, der Entwicklung von Biomaterialien, Filtrationsmaterialien, der Textilindustrie und der Präparation von Silizium-Wafern.

Warum ist das Zeta-Potential interessant?

Das Zeta-Potential ζ ist ein Parameter für die Analyse der Oberflächenladung. Genauer gesagt charakterisiert das Zeta-Potential die elektrochemischen Eigenschaften nahe einer festen Oberfläche in einer wässrigen Lösung. Diese elektrochemischen Eigenschaften gehen auf funktionelle Gruppen an der Oberfläche zurück. Sie bestimmen, ob und wie die Oberfläche mit anderen Materialien interagiert.

Bei bekanntem Zeta-Potential lässt sich abschätzen, ob zwischen zwei Oberflächen attraktive oder repulsive Kräfte auftreten. Praktisch gesehen kann das Zeta-Potential also helfen, Fragen zu beantworten wie: Werden sich Proteine auf der Membran anlagern? oder Wie schnell ändern sich die Oberflächeneigenschaften bei Zugabe eines Tensids?.

Das Zeta-Potential ist nicht identisch zur Oberflächenladung. Die Oberflächenladung beschreibt die Ladung direkt an der Oberfläche, ist aber experimentell nicht messbar. Das Zeta-Potential dagegen beschreibt die Ladungssituation an der sogenannten Scherebene nahe der Oberfläche. Im Gegensatz zur Oberflächenladung ist das Zeta-Potential experimentell bestimmbar und in der Praxis relevant.

Wie entstehen Oberflächenladungen?

Wenn eine Oberfläche mit einer wässrigen Lösung in Kontakt kommt, verliert sie in der Regel ihre elektrische Neutralität. Die Oberflächenladung kann durch verschiedene chemische Prozesse zustande kommen, wie etwa die Adsorption von Ionen sowie die Protonierung oder Deprotonierung von funktionellen Gruppen. Mit der Zeit stellt sich ein pH-Wert-abhängiges Gleichgewicht ein. Einige Beispiele hierfür sind:

  • Die Deprotonierung, sprich die Abgabe eines Wasserstoffions, einer Carboxygruppe (COOH)
    [Oberfläche]-COOH + H2O ⇌ [Oberfläche]-COO- + H3O+(aq)
  • Die Deprotonierung einer Hydroxygruppe (OH)
    [Oberfläche]-OH + H2O ⇌ [Oberfläche]-O- + H3O+(aq)
  • Die Deprotonierung einer Thiolgruppe (SH)
    [Oberfläche]-SH + H2O ⇌ [Oberfläche]-S- + H3O+(aq)
  • Die Protonierung, sprich Aufnahme eines Wasserstoffions, einer Aminogruppe (NH2)
    [Oberfläche]-NH2 + H2O ⇌ [Oberfläche]-NH3+ + OH-(aq)

Das Vorzeichen und der Betrag der Oberflächenladung lassen Schlüsse auf Art und Anzahl der vorhandenen funktionellen Gruppen an der Oberfläche zu. Diese bestimmen maßgeblich die Interaktion der Oberfläche mit anderen umgebenden Stoffen.

Abbildung 2: Elektrisches Potential vor einer Oberfläche gemäß des GCSG-Modells

Die elektrochemische Doppelschicht an der Oberfläche

Die Oberflächenladung erzeugt ein elektrisches Feld, welches Ionen in der Flüssigkeit mit gegensätzlicher Ladung an die Oberfläche zieht. So bildet sich vor der Oberfläche eine elektrochemische Doppelschicht aus. Für die Beschreibung des Aufbaus der elektrochemischen Doppelschicht existieren verschiede Modelle. An dieser Stelle wird auf das Gouy-Chapman-Stern-Grahame-Modell (GCSG-Modell) eingegangen.

Nach dem GCSG-Modell (siehe Abbildung 2) besteht die elektrochemische Doppelschicht aus einer immobilen, also unbeweglichen Schicht direkt an der Festkörperoberfläche und einer diffusen, also beweglichen Schicht. Die immobile Schicht setzt sich aus der inneren Helmholtz-Schicht und der äußeren Helmholtz-Schicht zusammen. Die innere Helmholtz-Schicht enthält spezifisch adsorbierte Ionen, die auf kurzer Distanz sehr stark an die Oberfläche gebunden sind. Diese Ionen sind teilweise dehydratisiert. Auf die innere Helmholtz-Schicht (IHP) folgt die äußere Helmholtz-Schicht (OHP), die aus Ionen der gegensätzlichen Ladung besteht, die nicht spezifisch adsorbiert und vollständig hydratisiert sind.

Auf die immobile Schicht mit der inneren und äußeren Helmholtz-Schicht folgt die diffuse Schicht mit beweglichen, hydratisierten Ionen mit positiver als auch negativer Ladung. Die Anzahl der Ionen wird durch die Oberflächenladung beeinflusst und nimmt mit dem Abstand zur Oberfläche ab.

Das Zeta-Potential an der Scherebene

Das elektrische Potential der Doppelschicht kann ebenfalls unterteilt werden (vgl. grüne Linie in Abbildung 2). Entlang der immobilen Schicht wird davon ausgegangen, dass der Wert des Potentials linear abnimmt. In der diffusen Schicht wird das elektrische Potential durch eine Boltzmann-Verteilung definiert.

Das Potential in der immobilen Schicht ist experimentell unzugänglich und für praktische Anwendungen in der Regel nicht relevant. Das Potential am Übergang zwischen immobiler und diffuser Schicht hingegen kann gemessen werden und ist in der Praxis relevant. Indem Flüssigkeit und Oberfläche relativ zueinander bewegt werden, können die Ionen in der diffusen Schicht verschoben oder eben abgeschert werden. Das elektrische Potential an dieser Scherebene wird als Zeta-Potential bezeichnet.

Anwendungsbeispiele für Zeta-Potential-Messungen

Das Zeta-Potential beeinflusst die Stabilität kolloidaler Suspensionen und gibt Indizien für die Adhäsion zwischen Festkörpern. Zudem können mit dem Zeta-Potential Adsorption und chemische Reaktionen zwischen Festkörper und Ionen beobachtet werden.

Zusätzliche Parameter wie der isoelektrische Punkt und die Adsorptionskinetik des Festkörpers können mit der Zeta-Potential Analyse abgeleitet werden. Somit können anwendungstechnische Fragen aus den verschiedensten Bereichen beantwortet werden.

  • In der Lebensmitteltechnologie liegt ein Schwerpunkt auf der Membranfiltration, bei der Membranen zur selektiven Fraktionierung eingesetzt werden. Das Zeta-Potential kann diese Membranen im Detail charakterisieren.
  • Ein weiterer Schwerpunkt bei der Entwicklung von Filtrationsmembranen liegt auf der Filtration von Viren, wobei die Modifikation der Oberflächenladung von Filtermedien eine entscheidende Rolle spielt.
  • Bei der Entwicklung antimikrobieller Oberflächen kann die Messung des Zeta-Potential wichtige Erkenntnisse liefern.
  • Im medizintechnischen Bereich kann die Messung des Zeta-Potentials dabei helfen, Ablagerung von Proteinen (Biofilmen) an Implantaten zu charakterisieren.
  • Auch Kontaktlinsen sind Gegenstand der biomaterialbasierten Forschung. Hierbei steht die Reduzierung von Biofilmen und Bakterienadhäsion an der Oberfläche der Linsen im Fokus.
  • Die Herausforderung des sogenannten Membranfoulings, bei dem Verunreinigungen die Membranoberfläche überdecken, wird ebenfalls angegangen. Die Messung des Zeta-Potentials ermöglicht, Fouling besser zu erkennen.
  • Während der Verarbeitung von Silizium-Wafern kommen nasschemische Prozesse wie das Ätzen zum Einsatz. Durch die Messung des Zeta-Potentials und die darauf abgestimmte Zugabe von Tensiden lassen sich diese Prozesse modifizieren, um Verunreinigungen zu verhindern.