Wie sich Änderungen der Grenzfläche auswirken
Im System müssen genug grenzflächenaktive Partikel oder Moleküle vorhanden sein, damit die nun folgenden Betrachtungen zutreffen. Anders gesagt: die kritische Mizellbildungskonzentration muss erreicht sein. Für Betrachtungen unterhalb der kritischen Mizellbildungskonzentration trifft der folgende Abschnitt nicht zu, da in diesem Fall zu wenig grenzflächenaktive Partikel oder Moleküle vorliegen, um die Grenzfläche zu sättigen.
Grenzflächenaktive Partikel oder Moleküle adsorbierten bevorzugt an der Grenzfläche, das heißt, sie lagern sich an die Grenzfläche an, und bilden dort eine Schicht. Diese Moleküle oder Partikel nehmen im Gleichgewichtszustand einen bestimmten Raum an der Grenzfläche ein und haben einen mittleren Abstand voneinander. Die resultierende Gleichgewichts-Grenzflächen-Konzentration c0 mit ihrer spezifischen Grenzflächenspannung σ0 ist charakteristisch für das System.
Ändert sich die Größe der verfügbaren Grenzfläche, z.B. durch Volumenänderung eines Tropfens oder durch Verschiebung von Barrieren entlang der Grenzfläche, so reagieren die grenzflächenaktiven Substanzen auf diese Verschiebung des Gleichgewichtszustandes. Im Detail ändert sich vorübergehend die Konzentration der grenzflächenaktiven Partikel oder Moleküle an der Grenzfläche. Dementsprechend kommt es auch zu einer vorübergehenden Änderung der Grenzflächenspannung zwischen den Phasen, bevor sich die charakteristische Konzentration c0 und Grenzflächenspannung σ0 wieder einstellen.
Was passiert im Detail, wenn die Grenzfläche verändert wird? Wird die Grenzfläche verkleinert, so erhöht sich die Konzentration der aktiven Teilchen an der Grenzfläche; sie werden zusammengedrückt
. Als Antwort darauf stellt das System nun das Konzentrationsgleichgewicht c0 durch Desorption wieder her. Bei der Desorption wird das Zuviel
an grenzflächenaktiven Molekülen oder Partikeln an der Grenzfläche in die Phase abgegeben. Solange die Moleküle an der Grenzfläche gedrängt
sind, sinkt die Grenzflächenspannung. Während der Desorption steigt die Grenzflächenspannung an, bis sie schließlich wieder das systemspezifische Gleichgewicht σ0 erreicht.
Wird die Grenzfläche vergrößert, sinkt die Grenzflächenkonzentration – die einzelnen Partikel oder Moleküle der grenzflächenaktiven Substanz haben nun mehr Platz. Der Gleichgewichtszustand wird durch Adsorption, also die Anlagerung weiterer grenzflächenaktiver Moleküle oder Partikel an die Grenzfläche, wiederhergestellt. Wird die Grenzfläche vergrößert, erhöht sich zunächst die Grenzflächenspannung. Im Zuge der Adsorption neuer Moleküle oder Partikel an die Grenzfläche nimmt die Grenzflächenspannung ab, bis sie schließlich wieder das systemspezifische Gleichgewicht σ0 erreicht (siehe Abbildung 2).
Die Reaktion der grenzflächenaktiven Komponenten auf die veränderte Grenzfläche kann unterschiedlich schnell erfolgen. Die Geschwindigkeit, mit der die Änderung abläuft, hängt von Faktoren wie der Beweglichkeit und der Konzentration der grenzflächenaktiven Substanzen innerhalb der Phasen und der Grenzflächenspannung zwischen den Phasen ab.