Auf die Waage wirkt nur der Zugkraftanteil F⊥, also der Anteil, der senkrecht zur Flüssigkeitsoberfläche steht. Er entspricht der Gewichtskraft FG der gebildeten Lamelle, die mit Hilfe der Waage bestimmt werden kann. Hierbei ist zu beachten, dass die Gewichtskraft der Wilhelmy-Platte keine Rolle spielt, da die Waage des Tensiometers zu Beginn des Versuchs mit der angehängten Wilhelmy-Platte tariert wird. Zusammen mit der Definitionsgleichung für die Oberflächenspannung erhält man die so genannte Wilhelmy-Gleichung:
Dabei wurden folgende Formelzeichen verwendet:
- Fzug: An der Wilhelmy-Platte angreifende Zugspannung
- F∥: Kraft parallel zur ungestörten Flüssigkeitsoberfläche
- F⊥: Kraft senkrecht zur ungestörten Flüssigkeitsoberfläche
- FG: Gewichtskraft der gebildeten Lamelle
- ΘC: Gleichgewichtskontaktwinkel
- σ: Oberflächenspannung
- L: Benetzte Länge der Wilhelmy-Platte
Bei vollständiger Benetzung der Wilhelmy-Platte, also bei einem Kontaktwinkel von 0°, vereinfacht sich die Gleichung und ermöglicht so eine direkte Bestimmung der Oberflächenspannung aus den Plattenabmessungen und der gemessenen Gewichtskraft.
Messung der Grenzflächenspannung mit der Wilhelmy-Platten-Methode
Analog zur Oberflächenspannung kann auch die Grenzflächenspannung zwischen zwei Flüssigkeiten mit der Wilhelmy-Platten-Methode bestimmt werden. Dabei wird die Gewichtskraft der Lamelle bestimmt, die sich ausbildet, wenn die Wilhelmy-Platte an der Grenzfläche zwischen den beiden Flüssigkeiten steht. Die Platte selbst befindet sich dabei in der oberen, also weniger dichten oder leichteren
Phase, wo sie eine gewisse Auftriebskraft erfährt.
Die Messung läuft hierbei folgendermaßen ab: Die Wilhelmy-Platte zunächst vollständig in die Flüssigkeit der leichteren
Phase einzutauchen und die Waage in diesem Zustand zu tarieren. Anschließend wird auf dem Probentisch das Gefäß mit der leichteren
Flüssigkeit entfernt und durch ein Gefäß mit der schwereren
Flüssigkeit ersetzt. Um die Grenzflächen-Lamelle zu bilden, wird die Wilhelmy-Platte vollständig in die schwerere
Flüssigkeit eingetaucht. Dann wird die leichtere
Flüssigkeit vorsichtig auf die vorhandene, schwerere
Flüssigkeit gegossen und die Wilhelmy-Platte zurück nach oben an die Grenzfläche gezogen. Das nun gemessene Gewicht entspricht der Gewichtskraft der Grenzflächen-Lamelle, sodass nach der Wilhelmy-Gleichung die Grenzflächenspannung ermittelt werden kann.